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Tanz

Publié le 06/12/2021

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Tanz
1

EINLEITUNG

Tanz, rhythmisch geregelte Körperbewegungen zu Musik, ursprünglich ein religiöser Akt. Der Tanz dient auch der Kommunikation oder als Ausdruck von Stimmungen,
Gefühlen und Ideen. Der Tanz kann ein bestimmtes Bewegungsrepertoire haben, das an sich ohne zuweisbare Bedeutung ist, wie etwa zu großen Teilen im Ballett und im
europäischen Volkstanz. Er kann aber auch Mime (Nachahmung) und symbolische Gesten einsetzen, wie es in vielen asiatischen Tanzformen der Fall ist. Völker
verschiedener Kulturen tanzen sowohl unterschiedlich als auch aus unterschiedlichen Gründen.

2

TANZ UND LEBENSKULTUR

Tanz kann Kunst sein, rituellen Zwecken dienen oder schlicht Erholung verschaffen. Er kann eine Geschichte erzählen, politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen
Bedürfnissen Ausdruck geben oder eine Erfahrung vermitteln, die angenehm, anregend oder ästhetisch wertvoll ist.

2.1

Tanz und der menschliche Körper

Die gewöhnliche Bewegungsfähigkeit des Körpers kann im Tanz vergrößert werden, was üblicherweise durch lang anhaltendes Spezialtraining geschieht. Im Ballett
beispielsweise übt der Tänzer, die Beine an der Hüfte zu drehen oder einen Spagat zu machen, um das Bein in einer Arabesque hoch emporheben zu können. In Indien
lernen manche Tänzer ihre Augäpfel und Augenbrauen choreographiegerecht zu bewegen.
Zu den Grundelementen des Tanzes zählen: (1) der Einsatz des Raumes: Tanzschritte, die Formen des sich bewegenden Körpers und von den Gliedmaßen modellierter
Raum; (2) der Einsatz der Zeit: Tempo, die Dauer eines Tanzes, rhythmische Variationen und die Grundeinstellung zur vergehenden Zeit, indem etwa in Ruhe vorgegangen
wird oder schnelle, abrupte Bewegungen vorherrschen; (3) der Einsatz des Körpergewichts: das Überwinden der Schwerkraft, um leichte, anmutige Bewegungen
auszuführen, das Nachgeben gegenüber der Schwerkraft mit schweren, erschlaffenden Bewegungen oder das Einsetzen von Kraft im Wettkampf zwischen Körpergewicht
und Schwerkraft; und (4) der Einsatz des Energieflusses: angespannte, widerstrebende oder begrenzte Bewegungen oder freifließende Bewegung.

2.2

Tanz und das menschliche Bewusstsein

Tanz kann auch psychisch wirken. Gefühle und Ideen können mittels Tanz ausgedrückt und mitgeteilt werden. Das Teilen von Rhythmus und Bewegung kann einer Gruppe
ein Gemeinschaftsgefühl vermitteln. In einigen Gesellschaften führt Tanzen oft zur Trance oder zu gesteigerten Bewusstseinszuständen. In Trance sind Menschen zu
bemerkenswerten Leistungen fähig. Sie werden stärker, ausdauernder oder können Gefahren besser trotzen, beispielsweise über glühende Kohlen tanzen. In einigen
Gesellschaften tanzen Schamanen in Trance, um andere Menschen körperlich oder emotional zu heilen. Die moderne Tanztherapie wurde entwickelt, um Menschen zu helfen
sich auszudrücken und kontaktfähiger zu werden.

2.3

Tanzarten

Es gibt zwei grundlegende Tanzarten: Gemeinschaftstänze und Aufführungstänze. Die Gemeinschaftstänze umfassen Arbeitstänze, einige Arten des Sakraltanzes und
Freizeittänze wie die Volkstänze oder die Gesellschaftstänze. Derartige Tänze bestehen oft aus sich wiederholenden Schrittfolgen, die leicht zu erlernen sind.
Aufführungstänze finden oft an Höfen, in Tempeln oder in Theatern statt. Die Tänzer sind oft Berufstänzer, da diese Tänze in der Regel schwierige Bewegungsfolgen haben,
die eine besondere Ausbildung voraussetzen.

2.4

Tanz und Gesellschaft

Der Tanz hat vielfältige Funktionen. Er kann eine Art von Anbetung sein, ein Weg, die Ahnen zu ehren, die Götter gnädig zu stimmen oder ein Mittel der Magie. Tanz wird in
der Bibel erwähnt und war bis ins Mittelalter oft Teil von Gottesdiensten und religiösen Feierlichkeiten. Obwohl er von der christlichen Kirche später als amoralisch
bezeichnet wurde, ist er noch immer in einigen christlichen und nichtchristlichen Sekten von Bedeutung, zu denen die nordamerikanischen Shaker und die tanzenden
Derwische der islamischen Welt zählen.
Tanz ist oft Bestandteil bei Zeremonien, die stattfinden, wenn jemand die gesellschaftliche Rolle wechselt. So können Geburt, Initiation, ein Ausbildungsabschluss, Heirat,
politische Nachfolge und Tod durch Tanz zelebriert werden. Tanz kann auch Teil der Partnerwerbung sein. In einigen Gesellschaften sind Tänze die einzigen Gelegenheiten,
bei denen junge Männer und Frauen einander begegnen können. In einigen Kulturen ist Tanz eine Kunstform. Im 20. Jahrhundert wurden einige Tänze, die ursprünglich
ausgefeilte Sakralrituale oder höfische Unterhaltungsformen waren, in angepasster Form auf die Theaterbühnen gebracht.

3

GESCHICHTE

Einige Kulturen hatten wenig oder keine Berührung mit der Industriegesellschaft. Ihre Tänze sind üblicherweise Bestandteil eines religiösen Ritus, der hoch entwickelte
religiöse oder philosophische Vorstellungen beinhaltet. In derartigen Gesellschaften gibt es oft Aufführungstänze. Bei den australischen Aborigines und bei den afrikanischen
Khoi-san-Völkern führen beispielsweise ausgebildete Personen mimetische und akrobatische Tänze zur Unterhaltung und Belehrung auf.

3.1

Die Hochkulturen des Altertums

Von den alten Kulturen des Mittelmeerraumes und des Nahen Ostens gibt es schriftliche und bildliche Zeugnisse über Tänze. In Ägypten sind auf solchen Darstellungen
wahrscheinlich Berufsunterhalter zu sehen, die Sklaven waren. Tanz war ein wichtiger Bestandteil landwirtschaftlicher Feste und religiöser Feierlichkeiten wie bei den
Tanzriten, die den Zyklus von Tod und Wiedergeburt des Gottes Osiris darstellen, bei denen der Jahreszeitenzyklus des Nil zum Ausdruck gebracht wird.
Die Griechen bewunderten den Tanz, der bei ihnen gefördert wurde. Griechische Kriegertänze, die phyrrhischen Tänze, waren Teil der Soldatenausbildung. Sakraltänze, vor
allem die zu Ehren von Dionysos, dem Weingott, waren anscheinend der Ursprung des Tanzes im griechischen Theater. Der Tragödienchor verwendete zur Begleitung der
gesprochenen oder gesungenen Verse Symbolgesten und Tanzschritte.
Die Römer sind besonders für ihren Beitrag zu den mimetischen Künsten bekannt. Obwohl es reisende Berufskünstler gab wie Tänzer, Possenreißer, Jongleure und
Akrobaten, entwickelte sich der Tanz bei den Römern nicht weiter.

3.2

Das mittelalterliche Europa

Die christliche Kirche, die im europäischen Mittelalter eine große Macht besaß, missbilligte Tänze. Im Volk wurde aber weiter getanzt. Modifizierte Bauerntänze des
Mittelalters werden noch heute als Volkstänze getanzt. Einige Bauerntänze, die vom Adel übernommen und verändert wurden, wurden höfische Gesellschaftstänze, aus
denen sich wiederum das Ballett entwickelte.

3.3

Ballett und Modern Dance

Das Ballett entwickelte sich während der Renaissance an den Höfen Italiens und Frankreichs und wurde im späten 17. Jahrhundert zu einer Berufsdisziplin. Seit dieser Zeit
ist es eine der bedeutenden Kunstformen der abendländischen Kultur. Im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert rebellierten die amerikanischen Tänzerinnen Isadora
Duncan und Ruth Saint Denis gegen das klassische Ballett. Auch der Schweizer Erzieher Émile Jaques-Dalcroze, der ungarische Tänzer Rudolf von Laban und die deutsche
Tänzerin Mary Wigman experimentierten mit neuen Ausdrucksmöglichkeiten (Ausdruckstanz). Die Arbeit dieser Wegbereiter des Modern Dance führte zur Entwicklung
bedeutender neuer Tanzsprachen.

3.4

Volkstanz

Volkstanz ist normalerweise an der Tradition ausgerichtet und wird von Mitgliedern einer Gemeinschaft ausgeführt. Der Begriff Volkstanz kann am besten auf Tänze
angewandt werden, die von landwirtschaftlich orientierten Völkern aus weltlichen oder rituellen Anlässen getanzt werden. Beispiele hierfür sind der Kolo im Balkan, der
englische Moriskentanz, der nordamerikanische Square Dance wie auch die Maitänze und die verschiedenen Arten des Schwerttanzes. Volkstänze sind normalerweise
Gruppentänze, die unter den Generationen weitergegeben werden. Einige Volkstänze haben keine weit zurückreichende Tradition: Viele israelische Volkstänze wurden
beispielsweise im 20. Jahrhundert nach den Vorbildern europäischer Volkstänze zu ähnlichen Zwecken entworfen ( siehe Hora).

3.5

Gesellschaftstanz

Einige Freizeittanzformen werden als Gesellschaftstänze bezeichnet. Im Unterschied zu Volkstänzen handelt es sich bei ihnen allerdings meist um Paartänze.
Die Gesellschaftstänze des Adels im Mittelalter, der Renaissance und im Barock wurden aus Volkstänzen entwickelt. Im ausgehenden 18. und 19. Jahrhundert entwickelte
sich der Gesellschaftstanz mit dem Anwachsen der Mittelklasse über die Adelsschranken hinaus und wurde in Europa und Nordamerika immer beliebter. Der Walzer und die
Polka, die ursprünglich Bauerntänze waren, wandelten sich zu Gesellschaftstänzen.
In den Vereinigten Staaten entstanden aus den Wechselbeziehungen zwischen den diversen Einwanderergruppen neue Formen des Gesellschaftstanzes und der volksnahen
Unterhaltung wie der Square Dance und der Steptanz. Neue Gesellschaftstänze, die von den amerikanischen Tänzern Irene und Vernon Castle vor dem I. Weltkrieg populär
gemacht wurden, eroberten Europa und Amerika. Der Foxtrott und südamerikanische Tänze wie Tango, Rumba und Cha-Cha-Cha wurden bekannt. Die Synkopen und
Bewegungen des Tanzes der nordamerikanischen Schwarzen wurden in die beliebten Gesellschaftstänze aufgenommen. Dies geschah um 1900 mit dem Cakewalk und in
den zwanziger Jahren mit dem Charleston und dem Black bottom, in den dreißiger und vierziger Jahren mit dem Big apple und dem Lindy ( siehe Jitterbug) und schließlich
mit den Rock-'n'-Roll-Tänzen der fünfziger Jahre und ihren Nachfolgern in den folgenden Jahrzehnten. In den sechziger Jahren ging die Entwicklung dahin, zu tanzen, ohne
seinen Tanzpartner zu berühren, wie dies beispielsweise beim Twist der Fall ist. Die siebziger und achtziger Jahre brachten eine Renaissance des Paartanzes, wie
beispielsweise beim Hustle, der zu Disco- und Rockmusik getanzt wird. Mitte der achtziger Jahre begann der Breakdance, der unter farbigen Straßenkindern in den USA
entstand, mit seinen akrobatischen, roboterartigen Bewegungen seinen Siegeszug auch in Europa. Siehe auch Mode- und Gesellschaftstänze

3.6

Musicals

Die Gesellschaftstänze des 20. Jahrhunderts wie auch die Neuerungen im Ballett und Modern Dance beeinflussten die wachsende Bedeutung des Tanzes im Film und in
Musicals. Der amerikanische Choreograph Busby Berkeley schuf in Hollywood ausgefeilte Gruppenproduktionsnummern. Die amerikanischen Tänzer Fred Astaire und Ginger
Rogers verbanden Gesellschafts- und Steptanz. Bei Oklahoma! (1943) integrierte die amerikanische Choreographin Agnes de Mille Tanz in die Bühnenhandlung, was dazu
führte, dass von nun an verstärkt Tanzszenen in Musicals eingearbeitet wurden. In der West Side Story (1957), die von dem amerikanischen Ballettmeister Jerome Robbins
choreographiert wurde, war Tanz erstmals das Medium, durch das der Hauptteil der Musicalhandlung Ausdruck fand. In den siebziger Jahren wurde der Tanz am Broadway
sogar noch bedeutender, was sich in Musicals wie A Chorus Line (1975) und Dancin' (1978) niederschlug. Siehe auch Jazztanz

3.7

Der klassische Tanz Asiens

In Asien stehen Schauspiel, Musik und Tanz in enger, wechselseitiger Beziehung. Asiatische Tänze, die meist symbolische Gesten, Masken, ausgefeiltes Make-up und
prächtige Kostüme als Elemente einsetzen, erzählen oft Geschichten, die auf Mythen, historischen Ereignissen und Legenden basieren. Die Aufführungen dauern oft viele
Stunden lang.
In Indien wurden Formen des klassischen Tanzes, die fast verschwunden waren, aufgrund von Beschreibungen in alten Manuskripten und von Tempelschnitzereien, die
Tanzpositionen darstellen, wieder zum Leben erweckt. Tanzdramen und Solotanzformen, die auf Hinduepen gründen, arbeiten viel mit Handgesten, die Mudras genannt
werden. Viele indische Volkstänze haben bestimmte Eigenschaften mit den komplexeren klassischen Tänzen gemein. Siehe auch indischer Tanz
Japan weist eine Vielzahl von Volkstänzen auf, von denen etliche religiöser Natur sind. Darüber hinaus gibt es in Japan zwei Großformen des Tanztheaters: Nõ und Kabuki.
Das etwa 500 Jahre alte Nõ ist eine extrem langsame Tanz- und Opernform voller symbolischer Bezüge. Das im 17. Jahrhundert entwickelte Kabuki ist eine volksnahe Form,
in der viele Theatereinrichtungen zum Einsatz kommen. Siehe auch japanische Musik; japanisches Theater
Die Pekingoper ist das bekannteste Genre des chinesischen Tanztheaters. Sie entwickelte sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts aus früheren Ausprägungen der chinesischen
Oper und enthält Aufsehen erregende Akrobatik als wichtigen Handlungsbestandteil. In den fünfziger Jahren begann die chinesische Regierung Produktionen zu fördern, die
sich am europäischen Ballett orientieren und (in unverblümt propagandistischer Absicht) die Themen behandeln, die für die zeitgenössische Politik und Wirtschaft
bedeutsam sind. Siehe auch chinesische Musik
In Indonesien, vor allem auf Java, unterhielten früher anmutige Tänzerinnen die Könige mit weit entwickelten Formen des Hoftanzes. Sie lebten am Hofe und ihre Tänze
waren der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Auf Bali sind noch immer Maskenspiele mit Königen und Clowns, Kriegstänze und Geistertänze fester Bestandteil des Dorflebens.
Siehe auch indonesischer Tanz

3.8

Afrika, Ozeanien, Nord- und Südamerika

Die Tänze im südlich der Sahara gelegenen Teil Afrikas stehen oft in Verbindung mit Maskentanzgemeinschaften, deren Mitglieder Geister nachahmen oder von diesen
besessen werden. Auch der Tanz bei Mannbarkeitsriten ist üblich. Im 20. Jahrhundert haben sich städtische Tanzformen entwickelt, in denen afrikanische und
abendländische Einflüsse zusammenfallen. Siehe auch afrikanische Musik; afrikanischer Tanz
Ozeanische Tänze gehen oft in Verbindung mit dem Erzählen von Geschichten oder Dichtungen vor sich, wie beispielsweise beim hawaianischen Hula. Auf Neuguinea
werden Tänze oft in kriegerischem Kontext aufgeführt.
Die indianischen Nationen Nordamerikas führten früher komplexe Tanzrituale aus, die heute noch Bestand haben. In den vergangenen fünfzig Jahren haben sich
nationenübergreifende Gemeinschaftstänze entwickelt, die bei Stammestreffen (Powwows) in den USA und Kanada aufgeführt werden. In Südamerika haben sakrale und
weltliche Tänze noch immer eine lebendige Tradition bei vielen Indianerstämmen. Andere südamerikanische Tänze machen direkte Anleihen bei afrikanischen

Tanzbewegungen oder verbinden spanische Bewegungen mit Elementen aus Indianertänzen.

3.9

Bewahrung und Weiterentwicklung

Die moderne Welt wird weitere Anleihen bei Tänzen zwischen unterschiedlichen Ländern fördern und die Entwicklung neuer Tanzformen, die aus nationalen Stilmischungen
bestehen, unterstützen. Moderne Völker haben die Tänze vergangener Jahrtausende verloren, weil es kein Mittel gab, sie zu erhalten. Heute können jedoch die Tänze der
gegenwärtigen Kulturen für zukünftige Generationen mittels Film- und Videoaufzeichnungen sowie Tanznotationen wie der Laba-Notation, der Effort/Shape-Notation und der
Benesh-Notation erhalten werden.
Siehe auch Choreographie; Country Dance; spanischer Tanz
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