der Philosophie
Publié le 02/12/2021
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Am Ende einer Vollendung befindet sich auch die Philosophie. In denVorlesungen zur Geschichte der Philosophie, am Schluß sowohl wieam Anfang, hat Hegel seinen eigenen Standpunkt der philosophischenVollendung begriffen und das Reich des Gedankens zum Abschlußgebracht. Nach seiner Periodisierung der Geschichte der Philosophiesteht sein eigenes System am Ende der dritten Epoche. Die ersteEpoche reicht von Thaies bis Procius und umfaßt den Anfang undNiedergang der antiken Welt. Auf ihrem vollendeten Höhepunkt,bei Procius, geschieht die antike Versöhnung des Endlichen und Unendlichen,der irdischen und göttlichen Welt. Die zweite Epoche reichtvom Beginn der christlichen Zeitrechnung bis zur Reformation. In ihrgeschieht auf einer höheren Stufe wieder dieselbe Versöhnung desIrdischen und des Göttlichen, um in der dritten Epoche, in der christlichenPhilosophie von Descartes bis Hegel, zuletzt durch diesen vollendetzu werden.98 Die philosophischen Systeme dieser letzten Epochebringen die zunächst nur geglaubt gewesene Versöhnung im Denkenbegreifend hervor.99 Sie alle sind im Prinzip nichts anderes als mehroder minder vollständige Weisen der Einigung; an ihrem vollen Endesteht Hegels absolutes System: der absolute, christliche Geist, der sichin seinem Element, der Wirklichkeit, als der seinen begreift. Die wirklicheWelt ist damit im christlichen Sinne »geistig« geworden.Gemäß dieser Konstruktion der Epochen ist Hegels Geschichte desGeistes nicht nur vorläufig an beliebiger Stelle geschlossen, sonderndefinitiv und bewußt »beschlossen«.100 Auch ihre logische Form istaus diesem geschichtlichen Grunde kein Urteil, sondern ein »Schluß«,ein Zusammenschluß von Anfang und Ende. Dieser Beschluß der Geschichteder Philosophie ist wie der Schluß der Phänomenologie, derLogik und Encyclopädie kein zufälliges bis hierher Gekommensein,sondern ein am »Ziel«- und deshalb ein »Resultat«-sein. Gleich Pro-52clus hat Hegel nun die Welt des christlichen Logos zur absolutenTotalität der konkret organisierten Idee zusammengeschlossen unddamit das Ganze der drei Epochen beschlossen. Mit Bezug auf Proclusbemerkt er, daß eine solche Vereinigung aller Systeme in einem übergreifenden,totalen System kein bloßer Eklektizismus sei, sondern eine»tiefere Erkenntnis der Idee«, wie sie eintreten müsse »von Zeit zuZeit«, d. h. im Abstand von Epochen.101 Bei Proclus stehe der Weltgeistan einer großen »Umkehr« vor dem absoluten »Bruch«, d. i. demEinbruch des Christentums in die heidnische Welt. Die Göttlichkeit desWirklichen sei für Proclus noch ein abstraktes Ideal gewesen, ehe es inder bestimmten Einzelheit des Gottmenschen Christus irdische Wirklichkeitwurde. Damit erst war die Sehnsucht der antiken Welt erfülltund das Geschäft der Welt: sich mit dem Geiste auszusöhnen, ist vonda ab der christlich-germanischen Welt übertragen. In einem Brief anCreuzer102 schreibt Hegel ebenfalls von dem »ungeheuren Schritt«,der vornehmlich des Proclus Verdienst sei und der wahre Wendepunktdes Übergangs der alten Philosophie in das Christentum. Eben einensolchen Schritt gelte es »jetzt wieder« zu machen. Es scheine ihm dahernichts so sehr an der Zeit zu sein als Creuzers neue Ausgabe desProclus.103Was ergibt sich aber daraus für Hegels Vollendung der christlichenPhilosophie? Doch offenbar dies, daß sie ein letzter Schritt vor einergroßen Umkehr und einem Bruch mit dem Christentum ist. Dann istaber Hegels Vollendung der antiken und christlichen Philosophie dasselbe,was sie bei Proclus war: eine »Versöhnung des Verderbens«. Ihrhöchster Hervorgang ist gleichzeitig mit dem Beginn eines Untergangs,zu einer Zeit, wo »alles in Auflösung und Streben nach einem Neuenbegriffen ist«.104 So ist die alexandrinische Philosophie die letzte Blütedes untergehenden römischen Reichs, und nicht anders ist es im IJ.und 16. Jahrhundert beim Abschluß der zweiten Epoche gewesen, alsdas germanische Leben des Mittelalters eine veränderte Form gewann.»Die Philosophie fängt an mit dem Untergang einer reellen Welt;wenn sie auftritt ..., Grau in Grau malend, so ist die Frische derJugend, der Lebendigkeit schon fort; und es ist ihre Versöhnung eineVersöhnung nicht in der Wirklichkeit, sondern in der ideellen Welt.Die Philosophen in Griechenland haben sich von den Staatsgeschäftenzurückgezogen; sie sind Müßiggänger, wie das Volk sie nannte, undhaben sich in die Gedankenwelt zurückgezogen. Es ist dies eine wesentlicheBestimmung, die bewährt wird in der Geschichte der Philosophieselbst.« 105 Auch Hegels Staatsphilosophie malt Grau in Grau53und will die »fertig« gewordene Welt nicht verjüngen, sondern nurnoch erkennen. Als ein solches Erkennen ist sie ein Anerkennen, eineVersöhnung mit dem »was ist«. Der Gedanke ist nun ganz bei sich,und zugleich umfaßt er als organisierte Idee das Universum als»intelligent« gewordene, einsichtig-durchsichtige Welt. Die gesamtevorhandene »Gegenständlichkeit« ist eins geworden mit ihrer »Selbsterzeugung«. »Es scheint, daß es dem Weltgeist jetzt gelungen ist, allesfremde, gegenständliche Wesen von sich abzutun und sich endlich alsabsoluten Geist zu erfassen, und was ihm gegenständlich wird, aussich zu erzeugen und es, mit Ruhe dagegen, in seiner Gewalt zu behalten.«106 In dieser Einheit von Gegenständlichkeit und Selbsttätigkeitliegt der erfüllt-vollendete Sinn der »neuen« Epoche beschlossen. Nurauf Grund dieser endgeschichtlichen Intention ist Hegels Beschluß derGeschichte der Philosophie in seinem ganzen Pathos und Gewicht zuverstehen: »Bis hierher ist nun der Weltgeist gekommen. Die letztePhilosophie ist das Resultat aller früheren; nichts ist verloren, allePrinzipien sind erhalten. Diese konkrete Idee ist das Resultat derBemühungen des Geistes durch fast 2500 Jahre (Thaies wurde 640v. Chr. geboren), seiner ernsthaftesten Arbeit, sich selbst objektiv zuwerden, sich zu erkennen: Tantae molis erat se ipsam cognoscere mentem.« Die Zweisinnigkeit von Hegels Vollendung als Erfüllung undEndung bekundet sich in der Veränderung von Vergils »romanamcondere gentem« 107 in ein »se ipsam cognoscere mentem«. Diese Umformungbesagt: um das römische Weltreich erst einmal zu begründen,war dieselbe Mühe erfordert wie zuletzt, um sich endlich im geistigenReich zu ergründen. Indem Hegel mit dem »Mut der Erkenntnis«eine Epoche von zweieinhalb Jahrtausenden abschloß und eben damitauch eine neue erschloß, hat er in der Tat die Geschichte des christlichenLogos beendet. Was er selbst von der Kunst sagt, daß sie dasabsolute Interesse verliert, sobald »alles heraus ist«, und daß ihreNachfolger gezwungen sind, sich gegen die gesamte Vergangenheit zuerheben, dasselbe gilt infolge seiner Vollendung nun auch von der inihm beschlossenen Philosophie: eine ganze Welt der Sprache, Begriffeund Bildung ging mit Hegels Geschichte des Geistes zu Ende. An diesemEnde beginnt unsere eigenste »Geistes-Geschichte« — wie ein lucusa non lucendo.Hegel hat dem endgeschichtlichen Sinn der von ihm vollbrachten Vollendungkeinen direkten, wohl aber einen mittelbaren Ausdruck gegeben.Er bekundete ihn dadurch, daß er im erinnernden Rückblickauf das Gewesene denkt, im »Greisenalter des Geistes«, und zugleich54im fragenden Vorblick auf ein mögliches Neuland des Geistes, wobeier jedoch von einem Wissen ausdrücklich absieht. Spärliche Hinweiseauf Amerika, das seit dem Beginn des Jahrhunderts als das künftigeLand der Freiheit galt, fassen die Möglichkeit ins Auge, daß der Weltgeistaus Europa ausziehen könnte. »Amerika ist somit das Land derZukunft, in welchem sich in vor uns liegenden Zeiten... die weltgeschichtlicheWichtigkeit offenbaren soll; es ist ein Land der Sehnsuchtfür alle die, welche die historische Rüstkammer des alten Europalangweilt. Napoleon soll gesagt haben: cette vieille Europe m'ennuie.Aber was bis jetzt sich dort ereignet, ist nur der Widerhall der altenWelt und der Ausdruck fremder Lebendigkeit, und als ein Land derZukunft geht es uns hier überhaupt nichts an.« Desgleichen beschließtHegel einen Hinweis auf die künftige Bedeutung der slawischen Welt,die er als ein »Mittelwesen« in dem Kampf des christlichen Europamit Asien verstand, mit dem Satz, daß er diese ganze Masse aus derBehandlung ausschließe, weil sie bisher nicht als ein selbständiges Momentin der Reihe der Gestaltungen der Vernunft aufgetreten sei: »Obdies in der Folge geschehen werde, geht uns hier nichts an.« 108 Wenigerzurückhaltend drückt sich Hegel in einem Brief an seinen Schüler, denBaron Boris von Uxküll, aus, dessen Inhalt Rosenkranz überlieferthat.109 Europa, heißt es dort, sei bereits eine Art Käfig geworden, indem nur noch zwei Sorten von Menschen sich frei zu bewegen scheinen:diejenigen, welche selbst zu den Verschließern gehören, und diejenigen,welche sich in diesem Käfig einen Platz ausgesucht haben, wosie weder für noch wider die Drähte zu agieren haben. Wenn aber dieDinge so liegen, daß man sich mit ihrem Zustand nicht wahrhaft vereinigenkann, dann sei es vorteilhafter, sich selbst auf gut epikuräischzu leben und als Privatperson für sich zu bleiben — eine Stellung, diezwar die eines Zuschauers, aber doch auch von großer Wirksamkeitsei. Diesem europäischen Käfig stellt Hegel Rußlands Zukunft gegenüber.Die andern, modernen Staaten haben anscheinend das Ziel ihrerEntwicklung schon erreicht und vielleicht den Kulminationspunkt bereitsüberschritten, ihr Zustand sei statarisch geworden; wogegen Rußlandin seinem Schoß eine »ungeheure Möglichkeit von Entwicklungseiner intensiven Natur« trage.110 - Es ist höchst unglaubwürdig, daßHegel, wie es Rosenkranz deuten möchte, hier nur gescherzt hat, umseinen russischen Freund aufzumuntern. Vielmehr nahm er gerade indiesem Brief die Stimmung der Folgezeit ahnend vorweg, nachdem erschon selber in der Rechtsphilosophie »Grau in Grau« gemalt hatte.Zehn Jahre später wurde seine Versöhnung mit dem, was ist, durch55die Julirevolution von neuen Entzweiungen angegriffen und durcheine »zwecklose Neuerungssucht« in Frage gestellt, gegen die er sichmachtlos fühlte, während seine nächsten Schüler den Anstoß aus derpolitischen Wirklichkeit in seine Philosophie übertrugen. Ein universitätspolitischesZerwürfnis mit E. Gans, dem späteren Herausgeber derHegeischen Geschichts- und Rechtsphilosophie, von dessen freiheitlicherAuslegung des Rechts der Weg weiter zu Rüge, Marx und Lassalleführt, verbitterte ihm die letzten Monate seines Lebens.111Die Möglichkeit des Fortgangs zu einer neuen Entzweiung ist aberauch schon in Hegels eigenem geschichtlichen Bewußtsein angelegt undvorgesehen. Denn das philosophische Wissen um das Substanzielle derZeit geschieht zwar im Geiste der ihm zugehörigen Zeit und ist alsonur »formell«, als gegenständliches Wissen, darüber hinaus. Zugleichist aber mit diesem sich abhebenden Darüberwissen auch ein Unterschiedgesetzt, der zu einer weiteren Entwicklung treibt: der Unterschied»zwischen dem Wissen und dem was ist«. Daraus ergibt sich dieMöglichkeit und Notwendigkeit eines Fortgangs zu neuen Entzweiungensowohl in der Philosophie wie in der Wirklichkeit. »So ist derformelle Unterschied auch ein realer, wirklicher Unterschied. DiesWissen ist es dann, was eine neue Form der Entwicklung hervorbringt.« 112 Das Wissen revolutioniert durch seine freie Form auch densubstanziellen Gehalt. Die sich vollendende Philosophie wird zur Geburtsstättedes Geistes, der später zu einer wirklichen, neuen Gestaltungdrängt.113 Und in der Tat ist Hegels Abschluß der Geschichte desWissens die Geburtsstätte geworden, aus der das geistige und politischeGeschehen des 19. Jahrhunderts entsprang. Wenige Jahre nachseinem Tode hat Heine am Schluß seiner »Geschichte der Religion undPhilosophie in Deutschland« (1834) den Franzosen die Augen zu öffnenversucht für die leibhaftige Revolution, welche aus der Reformationund der deutschen Philosophie hervorgehen könnte: »Mich dünkt,ein methodisches Volk, wie wir, mußte mit der Reformation beginnen,konnte erst hierauf sich mit der Philosophie beschäftigen und durftenur nach deren Vollendung zur politischen Revolution übergehen.Diese Ordnung finde ich ganz vernünftig. Die Köpfe, welche die Philosophiezum Nachdenken benutzt hat, kann die Revolution nachherzu beliebigen Zwecken abschlagen. Die Philosophie hätte aber nimmermehrdie Köpfe gebrauchen können, die von der Revolution, wenndiese ihr vorherging, abgeschlagen worden wären. Laßt euch abernicht bange sein, ihr deutschen Republikaner; die deutsche Revolutionwird darum nicht milder und sanfter ausfallen, weil ihr die Kantsche56Kritik, der Fichtesche Transzendentalidealismus und gar die Naturphilosophievorausging. Durch diese Doktrinen haben sich revolutionäreKräfte entwickelt, die nur des Tages harren, wo sie hervorbrechenund die Welt mit Entsetzen und Bewunderung erfüllen können.Es werden Kantianer zum Vorschein kommen, die auch in derErscheinungswelt von keiner Pietät etwas wissen wollen und erbarmungslosmit Schwert und Beil den Boden unseres europäischen Lebensdurchwühlen, um auch die letzten Wurzeln der Vergangenheitauszurotten. Es werden bewaffnete Fichteaner auf den Schauplatztreten, die in ihrem Willensfanatismus weder durch Furcht noch durchEigennutz zu bändigen sind..., ja, solche Transzendentalidealistenwären bei einer gesellschaftlichen Umwälzung sogar noch unbeugsamerals die ersten Christen, da diese die irdischen Marter ertrugen,um dadurch zur himmlischen Seligkeit zu gelangen, der Transzendentalidealistaber die Marter selbst für eitel Schein hält und unerreichbarist in der Verschanzung des eigenen Gedankens. Doch nochschrecklicher als alles wären Naturphilosophen, die handelnd eingriffenin eine deutsche Revolution und sich mit dem Zerstörungswerkselbst identifizieren würden. Denn wenn die Hand des Kantianersstark und sicher zuschlägt, weil sein Herz von keiner traditionellenEhrfurcht bewegt wird; wenn der Fichteaner mutvoll jeder Gefahrtrotzt, weil sie für ihn in der Realität gar nicht existiert; so wird derNaturphilosoph dadurch furchtbar sein, daß er mit den ursprünglichenGewalten der Natur in Verbindung tritt, daß er die dämonischenKräfte des altgermanischen Pantheismus beschwören kann, und daßalsdann in ihm jene Kampflust erwacht, die wir bei den alten Deutschenfinden und die nicht kämpft, um zu vernichten, noch um zu siegen,sondern bloß um zu kämpfen. Das Christentum - und das istsein schönstes Verdienst — hat jene brutale germanische Kampflusteinigermaßen besänftigt, konnte sie jedoch nicht zerstören, und wenneinst der zähmende Talisman, das Kreuz, zerbricht, dann rasselt wiederempor die ... unsinnige Berserkerwut, wovon die nordischenDichter so viel singen und sagen. Jener Talisman ist morsch, und kommenwird der Tag, wo er kläglich zusammenbricht... Ich rate euch,ihr Franzosen, verhaltet euch alsdann sehr stille, und bei Leibe! hüteteuch zu applaudieren. Wir könnten das leicht mißverstehen und euch,in unserer unhöflichen Art, etwas barsch zur Ruhe verweisen ... Ichmeine es gut mit euch, und deshalb sage ich euch die bittere Wahrheit.Ihr habt von dem befreiten Deutschland mehr zu fürchten als von derganzen heiligen Alliance mitsamt allen Kroaten und Kosaken ... Was57man eigentlich gegen euch vorbringt, habe ich nie begreifen können.Einst im Bierkeller zu Göttingen äußerte ein junger Altdeutscher, daßman Rache an den Franzosen nehmen müsse für Konradin von Stauffen,den sie zu Neapel geköpft. Ihr habt das gewiß längst vergessen.Wir aber vergessen Nichts. Ihr seht, wenn wir mal Lust bekommen,mit euch anzubinden, so wird es uns nicht an triftigen Gründen fehlen.Jedenfalls rate ich euch daher, auf eurer Hut zu sein. Es mag inDeutschland vorgehen, was da wolle, es mag der Kronprinz von Preußenoder der Doktor Wirth zur Herrschaft gelangen, haltet euch immergerüstet ... Ich meine es gut mit euch, und es hat mich schier erschreckt,als ich jüngst vernahm, eure Minister beabsichtigten, Frankreichzu entwaffnen. — Da ihr trotz eurer jetzigen Romantik gegeboreneKlassiker seid, so kennt ihr den Olymp. Unter den nacktenGöttern und Göttinnen ... seht ihr eine Göttin, die, obgleich umgebenvon solcher Freude und Kurzweil, dennoch immer einen Panzer trägtund den Helm auf dem Kopf und den Speer in der Hand behält. Esist die Göttin der Weisheit.«Die von Heine verkündete deutsche Revolution ist damals nicht zumAusbruch gekommen, aber was durch Hegels Schüler geschah, ist bisheute wirksam geblieben. Ein Jahrzehnt nach Heines aufreizenderWarnung erschienen in ein und demselben Jahr 1843 die folgendenumstürzenden Schriften: Feuerbachs »Grundsätze der Philosophie derZukunft«, Proudhons »De la creation de l'ordre dans l'humanite«,B. Bauers »Das entdeckte Christentum« und Kierkegaards »Entweder —Oder«. Mit Ausnahme Proudhons sind sie Schüler und Gegner vonHegel gewesen, die seine Theorie praktizierten. Durch sie wurde offenbar,daß Hegels philosophische Theologie wirklich ein Ende warund ein Wendepunkt in der Geschichte des Geistes und der alteuropäischenBildung. An die Stelle von Hegels Vermittlung trat der Wille zueiner Entscheidung, die wieder schied, was Hegel vereint hat: Antikeund Christentum, Gott und die Welt, Innerlichkeit und Äußerlichkeit,Wesen und Existenz. Andrerseits hat sich aber auch nur eine sovollendete Komposition wie die Hegeische wieder vollständig in ihreTeile auflösen können. Die kritische Schärfe der Linkshegelianer hatihren geschichtlichen Maßstab an der Entschiedenheit von Hegels Versöhnung.Ihren faßlichsten Ausdruck fand sie in seiner Staats- undReligionsphilosophie. Auf deren Destruktion zielen auch die Bestrebungenseiner Schüler, gerade weil es ihnen um den »wirklichen« Staatund das »wirkliche« Christentum ging.
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